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Workshop | Entscheidung - Intervention - Kollektiv. Zur Ästhetik von Formierung und Eingriff

09.12.2022 - 10.12.2022

Veranstaltung in deutscher Lautsprache | Eintritt frei | keine Anmeldung erforderlich | Bedingt barrierefreier Zugang: Bedarf bitte bei Anmeldung angeben

Über Kollektive wissen wir bislang, dass sie sich versammeln und aus dieser Versammlung den Anspruch ableiten, für mehr zu stehen (z.B. eine Einheit oder Ganzheit) oder sogar gemeinsam zu handeln. Wir wissen auch, dass Kollektive verstreut agieren können, dass sie momentan und ephemer auftreten und dass sie aus dieser Streuung, Versammlung und Interaktion heraus schon machtvolle Effekte erzielen, die massiven und militanten Interventionen gleichkommen können. Bei all diesen Beschreibungen und Analysen werden die Kollektive relativ kompakt gedacht, wobei die Abgrenzung von anderen Sozialformationen wie etwa Gemeinschaften oder Kleingruppen alles in allem vage bleibt. Vor allem bleibt meist offen, wie sich Kollektive bilden, auf welchen Entscheidungen die kollektive Konvergenz beruht und wie diese Entscheidungen zustande kommen. Dieser Workshop wird ein Themenheft der Zeitschrift Paragrana vorbereiten, das den Zusammenhang von Entscheidungen, Kollektivbildung und Möglichkeiten des Intervenierens ausloten soll.

Kollektive Entscheidungen zielen darauf ab, zukünftiges Handeln zu koordinieren. Anders als die Handlungskoordination in Bürokratien, Unternehmen oder beim Sport bemisst sich der Erfolg der Koordination nicht notwendigerweise am Erreichen eines Handlungsziels, sondern bereits in der Sichtbarkeit der Form als einer besonderen Weise abgestimmten Handelns. Als Grundlage kollektiven Handelns bilden kollektive Entscheidungen jedoch eher die Ausnahme. Bei sozialen Institutionen sind es eher Einzelne, deren Direktiven und Befehle die Handlungsnorm vorgeben. In den Künsten war gerade diese Diskrepanz zwischen individuellen Entscheidungsansprüchen und kollektiven Produktionsformen in den letzten Jahren wieder vermehrt Anlass zu (bspw. institutioneller) Kritik.

Diesen Fragen soll der interdisziplinäre Workshop nachgehen: Welche Initiativen und Interventionen lösen die Dynamik der Formierung aus? Welche verstreuten (nicht schon einer existierenden Gruppe zuzuschreibenden) Entscheidungen führen zu Akten der Konstituierung von Kollektiven? Welche Verfahren der Entscheidung innerhalb von Kollektiven gibt es? Welche Kontraste werden dabei durch eine ästhetisch-performative und durch eine politisch-normative Analyse deutlich? Mit welchem Recht intervenieren Kollektive in das Leben der Anderen (von anderen Gemeinschaften, Kollektiven oder Individuen)? Welche Interventionsformen zeitigen welche Arten von Entscheidungen?

PROGRAMM

Freitag, 9. Dezember 13.00-13.15 Ludger Schwarte/Matthias Warstat: Einführung 13.15-14.00 Kirsten Maar: Choreographing in Context: Rehearsing Infrastructures 14.00-14.45 Beate Söntgen: „Omega“ oder: zu den Grenzen der Gemeinschaft. Konstitution, Entscheidungsprozesse und Konflikte eines Künstler*innen-Kollektivs im frühen 20. Jahrhundert

Kaffeepause

15.15-16.00 Bertram Lomfeld: Rechte der Natur als kollektive Form 16.00-16.45 Ludger Schwarte: Zur Formierung von Kollektiven

Kaffeepause

17.15-18.00 Oliver Marchart: Dezision und Imagination 18.00-18.45 Francesca Raimondi: Die Konstruktion von Situationen. Politiken des Zuschauens und Formen der Partizipation in den Künsten (seit 1990) Samstag, 10. Dezember 10.00-10.45 Judith Siegmund: Der europäische Universalismusanspruch in der Ästhetik und die Kollektivität der Documenta fifteen 10.45-11.30 Benjamin Wihstutz: Adressieren, Diversifizieren, Kollektivieren Zeitgenössische Dramaturgien des Publikums 11.30-12.15 Jürgen Brokoff: Über die (Un-)Vereinbarkeit von Entscheidung und Kollektivität und die Gewaltsamkeit der Intervention

Mittagspause

13.45-14.30 Felix Trautmann: Szenen des Vorparlamentarismus. Die Macht der Versammlung in der und um die Frankfurter Paulskirche (1848 und 1948ff.) 14.30-15.15 Simon Teune: Relation Types and Varieties of Decision-making in Interactions of Artists and Activists

Kaffeepause

15.45-16.30 Natascha Siouzouli: Rise and Fall eines kollektiven Experiments - Am Beispiel der Besetzung des EMBROS Theaters in Athen 16.30-17.15 Naomi Boyce: Claims of collectivity: On decision-making and doing-violence 17.15-18.00 Matthias Warstat: Wie entscheidet die Truppe? Momente der Dissoziation in Agitprop-Kollektiven Ende

Zeit & Ort

09.12.2022 - 10.12.2022

SFB 1512 Intervenierende Künste
Seminarraum
Grunewaldstr. 34
12165 Berlin